Die Hochbunker
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Die Hochbunker in Hamm.

Von Polizeihauptkommissar a.D. Siegfried Paul

 

Viele Hammer Bürger haben den 2. Weltkrieg überlebt, weil die Hochbunker in Hamm ihnen Schutz boten. Viele Erzählungen und Geschichten aus und um diese Bunker habe ich bei Gesprächen mit ehemaligen Polizeibeamten und älteren Bürgern dieser Stadt zu hören bekommen. Natürlich habe ich auch einige Bunker besichtigt und obwohl dies in tiefsten Friedenszeiten geschah und die Bunker inzwischen renoviert und wieder betriebsbereit sind, befällt mich jedes Mal, wenn ich einen solchen betrete, eine Beklemmung, die ich einfach nicht ablegen kann. Aus der Polizeihistorischen Sammlung beim Polizeipräsidium Hamm, habe ich nun Geschichten und Erlebnisse, aber auch Zeitungsberichte zusammengestellt, um gerade jungen Mitbürgern einen Blick auf die Kriegszeit und die Hochbunker zu geben. Damit man einen Überblick über die Situation der damaligen Zeit bekommt, habe ich das Luftschutzgesetz vom 26. Juni 1935 abgedruckt. (Anlage 01 –03). Weiterhin können Sie das Luftschutzsofortprogramm vom 10. 10. 1940 in der Anlage 04  einsehen. Wie für den Luftschutz geworben wurde, sehen Sie in den Anlagen 05 – 15.

 
Beginnen möchte ich mit einem Bericht über den:

    Bunker Widumstraße.

Der Bunkerbau begann im September 1941. Er ist einer der fünf Luftschutzbunker, die 9 geschossig gebaut wurden.

Die Bauarbeiten führte die Hammer Firma Schröder und Bergmann aus. Dazu wurden ihr vor allem französische Kriegsgefangene zur Verfügung gestellt. Das Gefangenenlager befand sich in Hamm – Norden, an der Ecke Münsterstraße – Heessener Straße, hinter der Gaststätte „Dieckmann“. Die zur Arbeit eingesetzten Leute, musste jeden Tag  zu Fuß zur Arbeit und wieder ins Lager. Viele Berichte sprechen davon, das die Kriegsgefangenen im Saale der Gaststätte untergebracht waren, dies trifft aber nicht zu. Die Baracken hinter der Gaststätte Dieckmann standen noch nach dem Kriege.

Der Bunker war ausgelegt für 504 Liegeplätze und 120 Stehplätze. Obwohl man nach einem Bericht des Polizei- und leitenden Luftschutzarztes, Dr. Wilms, auf eine Höchstbelegung von etwa dem 5 fachen auszugehen hatte, war die Belegung in besonderen Fällen erheblich höher. (Anlage 16 )

Die 5 fache Belegung, bezogen auf die 7 Zellenetagen, wäre mit 3744 Personen anzunehmen gewesen. Mir liegen aber Berichte vor, dass eine Zellenbelegung mit 24 Personen keine Seltenheit war. Hinzu kamen aber die Räume vor den Zellen, vor den Sanitärräumen, in den Treppenhäuser und den Funktionsräumen in den 2 unteren Etagen. Dort waren Arzt-, Sanitäts- und Hebammenräume. Räume für Bunkerwart und Technik. Auch diese Räume wurden in den letzten Kampftagen bis zur äußersten Grenze belegt, weil die Bevölkerung vermehrt in die Bunker strömten.

Ich halte Berichte, wonach der Bunker Widumstraße teilweise bis zu 6000 Insassen aufnehmen musste, für durchaus wahr.

Nach einem Bericht war auch der Bunker Feidikstr. mit bis zu 6000 Menschen belegt.  (Anlage 17 )

Ein weiterer schriftlicher Bericht des Polizeiarztes ist noch erhalten, nachdem in einer Zelle des Schillerbunkers bei einem, Angriff 36 Personen waren. Diese stehen sogar noch namentlich fest. (Anlage 18 )

Einem Bericht des Stadtamtmannes Heiermann, der 1945 die Bunkerversorgung durchführte, ist zu entnehmen, das im Westentorbunker rund 6000 Menschen zu verpflegen waren. (Siehe hierzu unter „Hamm 1945“ Folge 07, sein Bericht auf dieser Homepage.)

Ein geordneter Einlass war auch nicht mehr möglich. Vor einem Angriff  ( 25. Okt. 1944), kam es vor dem Bunker auch noch zu erheblichen Zwischenfällen. Die Zeit zwischen Voralarm und Vollalarm war sehr kurz gewesen und bei Vollalarm strömten die Menschen in Panik in den Bunker, zumal die Flak bereits angefangen hatten zu schießen. Durch die gegenströmenden Menschenmassen wurden die Leute vor den Eingängen derart zusammengepresst, dass sie nicht mehr in der Lage waren, zu atmen. Etliche Leute verfielen in Bewusstlosigkeit. Es kamen nachweislich 6 Menschen zu Tode. (Anlage 19 )                            

Auf Anordnung des Polizeidirektors wurden dann auf den Eingangstreppen der anderen Bunker Holzrampen ausgelegt, damit die Sturzgefahr gebannt wurde und niemand mehr zu Tode getreten wurde. Dies erfolgte auf Vorschlag des Dr. Wilms.

Die Zustände in den Bunkern waren teilweise unbeschreiblich. Ein Bericht des Polizeiarztes gibt darüber Auskunft.

Z.B.: „Die Kissen in den Zellenbetten triefen teilweise vom Urin der Kinder. Die Luft ist ätzend. Der Aufenthalt unerträglich.“ (Anlage 20-22 ) An anderer Stelle wird berichtet, das Insassen sich die Möglichkeit geschafft hatten, Lüftungsklappen zu öffnen, was natürlich eine erhebliche Gefährdung aller Insassen bedeutete. Durch die starke Belegung lief nach nur einer Stunde Aufenthalt das Kondenswasser in Strömen die Wände runter.

Ein Zeitzeuge erinnern sich, das der Bunker Feidikstraße, in dem seine Familie in der 7 Etage eine Zelle zugewiesen bekommen hatte, bei Bombenabwürfen richtig gehend wankte. Das Licht ging manchmal aus. Im Bunker staubte es und die Kinder schrieen. Solch eine Situation hat auch Frau Ilsemarie von Scheven im Feidikbunker miterlebt. In einem Gespräch berichtete sie mir, dass sie auf dem oberen Bett in ihrer Zelle gesessen hatte, neben ihr mehrere kleine Kinder, als das Licht ausging und der Bunker förmlich wackelte. Natürlich weinten die Kinder und Ilsemarie von Scheven legte sich teilweise über die Kinder und versuchte sie zu beruhigen, was ihr auch gelang. Einen schriftlichen Bericht ihrer Erinnerungen um den Feidikbunker, den sie für die Polizeihistorische Sammlung gefertigt hat, möchte ich nun folgen lassen.

 
Erinnerungen an den Feidikbunker

Aufgezeichnet nach einer handschriftlichen Niederschrift der ehemaligen Stadtarchivarin, Frau Ilsemarie von Scheven, geb. Dezember 1921. Diese Niederschrift hat Frau von Scheven freundlicherweise am 15./ 16. November 2005 für die Polizeihistorische Sammlung Hamm gefertigt.

 

"Während des Bunkerbaus erinnere ich mich, dort einmal vorbeigegangen zu sein. Französische  Kriegsgefangene arbeiteten an dem Betongeflecht, einer hatte eine Zigarette im Mund.

Bevor mein Elternhaus am 22.04.1944 unbewohnbar wurde, sind wir von hier (Friedrichstr. 30) schon in den Feidikbunker gegangen < eine Angestellte, meine Mutter und ich. Mein Bruder war bereits Soldat, mein Vater als Leiter des San. Zuges 1 dienstlich unterwegs Hinreichende „Bombenerfahrung „  hatte meine Mutter, die im Sommer 1940, als ich im Reichsarbeitsdienst war, mit meinem Bruder während des Brandes Bettenhaus Reinhard, im Hauskeller saß.

      Nach dem 22.04.1944 wohnte ich mit meinen Eltern zunächst bei Bekannten, Goethestraße 16, verloren dort (Treffer auf die Garage) weitere Eigentums-Gegenstände und bekamen dann eine Etagenwohnung im Hause Goethestraße 27 zugewiesen. Der Vormieterin stand soviel Wohnraum nicht mehr zu, sie war zu ihrer Tochter gezogen. Zwischenzeitlich war vor uns dort ein Wehrmachtsoffizier mit seinem Burschen wohnhaft gewesen < Zustand der Küche: mehr als ungepflegt >. Von der Goethestr. aus war der Weg zum Feidikbunker für uns jetzt viel näher. Allerdings war meine Mutter nachtblind, ich hatte immer Mühe, sie über die Bordsteine zu lotsen. Ab Oktober 1944 war der Feidikbunker unsere „zweite Heimat“. Mit der Zellenbesatzung <Frauen und Kinder >  entwickelte sich bald ein fast familiäres Verhältnis. Ein Eisenbahner, dessen Frau stets eintrudelte, kam nur, wenn er keine „Schicht“ hatte, einmal auch ein im Osten eingesetzter jüngerer Lokführer während seines Fronturlaubs. Traurig meinten bei stundenlangen Bunkeraufhalten die beiden Männer: Wenn wir doch wenigstens einen dritten Mann zum Skat hätten !  Dem ließ sich abhelfen, ich konnte Skat < vom Vater gelernt während eines verregneten Harz-Urlaubs >, man setzte ein Klappstühlchen zwischen die Knie der links und rechts aufgereihten Frauen, einen Handkoffer darauf und höchst amüsiert betrachteten die Bunkerinsassen den 2/3 „Männerskat“. Der Fronturlauber, an und für sich glücklich, bei Frau und Kleinkind zu sein, deutete mehrfach an, an der Front im Freien fühle er sich wohler als in Hamm hinter Beton.

      Außer in den Bunkerzellen, standen in dem Gang davor, an der dem Zelleneingang gegenüberliegenden Seite, Holzbänke, auch diese mit Insassen  und deren Gepäck belegt. Wer zur Toilette musste, wand sich durch die Enge bis ans Gangende , wo meines Wissens etwa acht Kabinen waren. Zwei ältere Frauen verdienten sich mit Aufsicht und Reinigung ein kleines Zubrot, - als die Wasserversorgung ausfiel, sollen sie mit den Händen die Toiletten entsorgt haben. Eine junge Frau < die des Fronturlaubers > war  gerade „austreten“ mit ihrem Kleinkind, als Bomben fielen, das Licht ausging und sie samt Kleinkind gegen die Wand taumelte. Reaktion der Kleinen: „Mama, was war das ?“.

      Was unseren Bunkerwart angeht: er stand auf dem ersten Treppenpodest und ermahnte die Leute zur Eile. Meines Wissens hieß er Karl Schröer und war ein kleiner freundlicher Zeitgenosse, nicht uniformiert. Was den achttägigen Aufenthalt während des Kampfes um Hamm angeht (Ostern 1945), so ist mir nur noch folgendes im Gedächtnis geblieben: meine Mutter und ich wurden angewiesen, nicht unsere „Stammzelle“ aufzusuchen, man wies uns in die sog. Arztzelle im Hochparterre. Zuvor war in den Häusern durchgesagt worden, man möge die Bunker aufsuchen mit etwas Lebensmittelvorrat, es könne einige Tage dauern. Meine Mutter schickte mich in den Vorratskeller, wo noch einige wohl gehütete Weckgläser mit Kompott standen. In einen Handkoffer packte ich spontan noch ein oder zwei Gläser mit Schnibbelbohnen. „Was willst du denn damit ?, die können wir doch nicht kalt im Bunker essen „.  Ich nahm die Gläser dann doch mit. Sehr bald verbreitete sich im Bunker das Gerücht, es heiße, Hamm solle umkämpft werden, deshalb würden Frauen und Kinder aufgefordert, sich zu Fuß auf den Weg Richtung Süden/Arnsberg zu machen.

( Anmerkung des Chronisten: Siehe auch Bericht der Frau Mazzoli, die über den Bunker Schillerstr. gleiches berichtet. Folge „Hamm 1945 Folge 1, zweiter Bericht)

Mein Vater, der bald darauf zum Dienst im Städt. Krankenhaus abgeordnet wurde, hatte sich wegen Übermüdung in die Zelle hingelegt. Meine Mutter weckte ihn und fragte, was zu tun sei. Er blinzelte und sagte nur kurz: „Unsinn, hier bleiben“!. Nur ganz wenige Insassen dürften der Aufforderung gefolgt sein- zu hören waren  wohl in allen Etagen ablehnende Bescheide, vielleicht erstmals im 3ten Reich „ massiver Wortwiderstand“.

    Es muss am ersten oder zweiten Tag gewesen sein, dass Dr. Wilms < meine Eltern duzten sich mit ihm > im Feidikbunker erschien, er bekam am Eingang einen Streifschuss/Splitter ? durch die Oberlippe. Mein Vater meine dazu: „Typisch Friedrich- der ist einfach zu neugierig- !  Später erfuhr ich, Dr. Wilms habe meinen Vater als „Bunkerchefarzt“ abgezogen – er tauge nicht für diese Aufgabe. Da mein Vater nie gedient hatte < Operation im Kindesalter, nicht k. v. > war diese Entscheidung sicher richtig; Bunkerarzt wurde der etwa 70 jährige  Dr. med. Carl Böckelmann senior. Als während der Kämpfe verwunderte deutsche Soldaten herangetragen wurden, sorgte er für eine provisorische Erstbehandlung im Kellergeschoß, wo angeblich noch ein Wasserhahn lief. Ihm assistierte die Frau des Hammer Nervenarztes Dr. Oeckinghaus, Meta Oeckinghaus geb. Salberg. Einmal habe ich einen verwundeten Soldaten im Gang vor der Arztzelle gesehen, er lag auf der Holzbank, das Blut tropfte zu Boden. Am Ende des Ganges sah ich einmal zwei recht alte deutsche Soldaten, mit abenteuerlichen Beutegewehren, die sich total erschöpft in den Zivilbunker begeben hatten – was nicht erlaubt war. Es schienen mir Österreicher zu sein. Nach den Kampftagen erlebte ich in der HNO-Praxis meines Vaters österreichische Offiziere als Patienten – mit für uns ungewohnten fast tändelhaften Manieren-.

      Etwa Mitte der acht Bunkertage, wurde es im Gang einmal laut, wir öffneten die Tür, um mitzubekommen, was los war. Der kleinwüchsige alte Dr. Böckelmann stand vor einem riesigen SS-Offizier, der bleich in einem fast bodenlangen Ledermantel vor ihm stand und rief, er werde auf der Bunkerkrone einen Gefechtsstand errichten. Böckelmann schrie zurück: Das werden sie nicht tun, - ich habe hier die Befehlsgewalt !!  Und ich lasse sie erschießen !  brüllte der Offizier zurück. Er war wohl total übernächtigt, konnte aber innerhalb des Bunkers seine Drohung nicht wahr machen, und draußen schlugen die amerikanischen Granaten ein. Später habe ich erfahren, die SS-Einheit aus Unna sei über Rhynern nach Hamm-Süden marschiert, habe sich dann nachts im Hofgelände der Volksschule Lessingstraße verborgen < Turnhalle ? >  und habe die Nacht abgewartet, nachdem am Tage ein amerikanisches MG-Nest auf dem Langewanneweg gezielte Schüsse mit Todesfolge abgegeben habe. Über den Schillerplatz hatten die Waffen-SS-Leute schließlich den Feidikbunker erreicht. Das sie alle Todeskandidaten waren, dürfte ihnen klar gewesen sein.

      Alle Bunkerinsassen, die nur wenig Brot auf Marken zu Hause hatten, litten dann Hunger. In unserer Zelle teilte man sämtliche mitgebrachten Vorräte, auch unsere kalten Schnibbelbohnen fanden dankbare Abnehmer. Etwa zur Hälfte der Zeit hörte ich, wie die Verantwortlichen darüber sprachen, in der Drogerie Wilke/Sedanstraße, gleich gegenüber gebe es noch  einen Sack Milchpulver, den man für die Kleinkinder holen müsse. Doch auch nachts schossen die US-Truppen, die inzwischen den Bahndamm erobert hatten, mit Granaten die Querstraße entlang und gegen die Bunkerwand. Keiner der Männer traute sich ins Freie, bis schließlich ein höherer Polizeibeamter Plunien < Studienrat in Hannover ? > mit bleicher Miene sagte: Ich gehe !  Ob die Aktion gelang, konnte ich nicht wahrnehmen. Gegen Ende unserer „Bunkerhaft“ gab es ruhige Phasen, ein etwa 12 jähriger Junge wagte es, in die nahe gelegene Wohnung zu rennen, er kam auch mit einem Töpfchen Suppe zurück, wurde getroffen und taumelte sterbend zum Bunkereingang.... wer sollte der Mutter Bescheid geben ???

       Als dann schließlich alles entlassen werden konnte, stand vor dem Bunkereingang ein US-Amerikaner schwer bewaffnet neben einer Holzbank, auf die Waffen und Photoapparate von deutschen Zivilisten gelegt werden sollten. An den Wänden draußen klebten große Plakate:  Militärregierung  - Befreiung...

       Zu Hause musste ich dann unseren Photoapparat und eine zur Dekoration dienende Uralt-Pistole meines Urgroßvaters zur Polizei tragen. Das alte Museums-Schießeisen wies der deutsche Beamte zurück, der Photoapparat wurde beschlagnahmt.

      Übrigens habe ich in einem tunnelartigen Durchgang unter dem Haus an der Feidikstraße, schräg gegenüber der Einmündung Taubenstraße, einen toten Soldaten liegen sehen (die gleichen Angaben machte Zeitzeuge Friedhelm Koch, der ebenfalls in dem Bunker gewesen war und der in der Goethestr. wohnte.) etwa zwei Tage danach auf dem Schillerplatz ein totes Pferd.

      Zu erfahren war noch, dass zwei verspätet in den Bunker hastenden Personen um die Ecke Schillerstraße / Taubenstr. bogen, dabei stürzte gerade in diesem Moment eine hohe Ruinenwand ein und begrub einen Heranwachsenden unter sich. Der Großvater habe den Jungen dann mit bloßen Händen ausgegraben – tot -. Ob dies während der Kampftage geschah oder kurz zuvor, weiß ich nicht mehr.

 In meiner „Dienststelle“ Polizeidirektion, musste ich mich ja nun auch wieder melden. Von der Hohe Str. her gewahrte ich einen US-Soldaten auf der Kreuzung Borbergstraße, mit ganzen Schnüren Patronen um den Hals. Als ich deutlich gemacht hatte, ich arbeitete dort, ließ er mich passieren. In der Direktion waren alle Fenster herausgeflogen und anfangs alles leer und still. Schließlich begegnete ich Herrn < Oelker ? > , der meinte, ich solle mal ins Kellergeschoß gehen. Anmerkung des Verfassers: Herr Oelker war Angestellter in der Luftschutzpolizei. Er wurde nach dem Krieg in den aktiven Polizeidienst übernommen, hat später aber die Hammer Polizei verlassen.) Durch eine halb geöffnete Tür fiel der Blick in den großen Besprechungsraum, wo U-förmig ein dreischenkeliger Tisch stand. Ringsherum saßen deutsche Polizeibeamte und Amerikaner, auf den Gelenkstellen des Tisches im Schneidersitz Besatzungssoldaten, in jeder Hand ein Gewehr (?) und aufmerksam die Runde musternd. Ich ging dann unverrichteter Dinge meiner Wege."

-         Niederschrift Ilsemarie von Scheven, 15./16. November 2004 –

(Vermerk des Chronisten: Die Originalschrift befindet sich in der Polizeihistorischen Sammlung – Paul, im Polizeipräsidium Hamm.)

 

In einem Bericht an alle Bunkerärzte, berichtet Dr. Wilms (Leitender Luftschutzarzt und Polizeivertragsarzt) am 27.10.1944 folgendes.: (Anlage 23)

„  An alle Bunkerärzte

  1.  Die Kontrolle der letzten Zeit hat ergeben, dass trotz wiederholten Befehls in mehreren Bunkern in den oberen Stockwerken keine Laienhelferinnen anzutreffen sind, sondern sich alle im  Erste-Hilfe-Raum aufhalten. Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass die dem Bunker zugeteilten Laienhelferinnen sich auf alle Stockwerke  zu verteilen und aufzuhalten haben. Es ist unstatthaft, sich die Kranken durch Soldaten  oder andere hilfsbereite Männer und Frauen unten in die Sanitätsräume zur Behandlung und Labung bringen zu lassen.

  2. Ferner ist festgestellt, dass sich in manchen Zellen dauernd Bunkerinsassen befinden. Diese sind zum Teil krank und bettlägerig, haben hohes Fieber  und können andere Menschen in der schlechten, sauerstoffarmen Bunkerluft leicht anstecken. Es ist darauf zu drängen, dass diese im eigenen Interesse nach Hause verlegt werden. Ein Kind mit Masern und Lungenentzündung bedarf dringend der frischen Luft und stirbt, wie es schon häufiger vorgekommen, bei dauerndem    Bunkeraufenthalt. Dasselbe ist auch bei älteren Grippekranken der Fall, die zu Hause schnell genesen würden, hier im Bunker jedoch langsam dahinsiechen. Hinzu kommt, dass das Befinden vieler Herzkranken mit Lungenschäden ( Herz- und Lungenasthma) sich bei dauerndem Bunkeraufenthalt sehr verschlimmert und diese Personen leicht zusammenbrechen. 

  3. Um die Schädigungen und Verletzungen im Bunker, besonders  nach dem Angriff, buchmäßig festzuhalten, (für Ersatzansprüche, Versorgungsangelegenheiten, Verwundetenabzeichen und dergl.) ist es dringend erforderlich, dass über jeden einzelnen Fall in der Verletztenliste, die von der LS.-Leitung jedem Bunker zugestellt ist, die Eintragungen vorschriftsmäßig erfolgen. Hierzu ist eine schriftgewandte Person anzustellen, die auch die Rubriken richtig und fehlerfrei ausfüllen kann. Es werden bis jetzt nur von einem Bunker (Schillerplatz) ordnungsgemäße Eintragungen gemacht. Der Bunkerarzt ist verpflichtet, 24 Stunden nach dem Angriff unaufgefordert die Verletztenliste auf der Sanitätsstelle (Polizeidirektion) einzureichen.

  4. In den LS.-Bunkern, in denen sich der Sanitätsraum noch nicht im Keller oder Erdgeschoß befindet, ist es notwendig, dass ein abgesetzter Raum geschaffen wird, wohin Schwerverletzte  auf Tragen gebracht werden können. Dieser Raum steht bei Alarm der Schutzpolizei, Luftschutzpolizei und den Einsatztrupps zur Verfügung,  ist jedoch nach dem Angriff sofort zu räumen, damit  hierin die Verletzten gebracht werden können.

                                                           Wilms

                                            Führer des LS.-San.-Dienstes „

 

Zur Versorgung der Erkrankten und Verletzten, waren natürlich auch Medikamente in den Bunkern gelagert. Für den Bunker Widumstraße war so die Adler-Apotheke E. Cobet, Hitler Platz 12 – heute wieder Marktplatz – zuständig. In der Anlage 24, können sie eine Aufstellung der eingelagerten Arzneimittel sehen.

      Aber auch Berichte von anderen Bunkern liegen mir noch vor, die einen Einblick in die Lebensbedingungen der Bunker ergeben. In der (Anlage 25) können sie den Bericht des Bunkerwartes Klee nachlesen, der den Bunker an der Posener Str. betreute.

Eine Aufstellung der Bunkerwarte, der Bunkerärzte und des weiteren Bunkerpersonals ist in den  (Anlagen 26 – 28) nachzulesen. 

Weiterhin habe ich Bunkerpläne in den ( Anlagen 29 – 31) eingestellt.

Zum Abschluß dieses Berichtes können sie einen Bauplan der Polizeidirektion Hamm sehen. Dort wurde im Keller die Luftschutzbefehlsstelle eingerichtet. ( Anlage 32)